Spirituelle Impulse

Vor 60 Jahren in Berlin …

… gab es eine großes Aufsehen erregende Rede von Martin Luther King, der auf Einladung des damaligen Bürgermeisters Willy Brandt in die Stadt gekommen war. Sowohl im Westen wie auch im davon getrennten Ostteil Berlins predigte er gegen Rassentrennung und Mauern, gegen politische Ideologien, die Menschen einteilen in mehr- und minderwertig. Bei seinem überraschenden Aufenthalt in Ost-Berlin – die amerikanische Besatzung wollte eigentlich seinen Besuch dort verhindern und hatte ihm den Reisepass abgenommen – rief er Tausenden von Menschen sein berühmtes „We will overcome“ zu:

Hier sind von beiden Seiten der Mauer Gottes Kinder. Und keine durch Menschenhand gemachte Grenze kann diese Tatsache auslöschen. Ohne Rücksicht auf die Schranke der Rasse, des Bekenntnisses, der Ideologie oder Nationalität gibt es eine untrennbare Bestimmung: Es gibt eine gemeinsame Menschlichkeit, die uns für die Leiden untereinander empfindlich macht. In diesem Glauben können wir aus dem Berg der Verzweiflung einen Stein der Hoffnung schlagen. In diesem Glauben werden wir miteinander arbeiten, miteinander beten, miteinander kämpfen, miteinander leiden, miteinander für die Freiheit aufstehen in der Gewissheit, dass wir eines Tages frei sein werden. … Halleluja!“ (Quelle)

Der evangelische Pastor und Bürgerrechtler hatte nach vielen Rückschlägen landesweiten Erfolg:
1964 wurde die Rassentrennung in den USA gesetzlich aufgehoben.

Heute sind diese Anliegen der einen geeinten Menschheit und des gewaltfreien Miteinanders wieder erschreckend aktuell. Sie mischen sich jedoch leider oft mit der Hoffnungslosigkeit, „doch nichts ändern zu können“. Die Folge davon ist, dass wieder gesetzt wird auf eine illusorische „splendid isolation“, auf Mauern, auf Trennung, auf Gewalt und Unterdrückung.
Ist es wirklich unser Schicksal, zurückzukehren in eine Welt unversöhnlicher Gegensätze, in eine Welt voll von kollektivem Egoismus? Was hat Menschen wie Martin Luther King – und die Geschichte kennt viele von ihnen – befähigt, sich für den unendlichen Wert und die Würde jeden Lebens und jedes Menschen einzusetzen, ihr Leben dafür hinzugeben? Was hat sie so entschieden und mutig werden lassen?

Innere Entschiedenheit und Mut gehören zu den Früchten der Meditation. Jedoch: Der Weg der Stille ist kein Hobby, das ich neben anderen und nebenbei, wenn ich Zeit habe, ausübe. Es ist vielmehr wie ein Stempel, der dem ganzen Leben eingeprägt ist:
Ich mache nicht Meditation, ich bin ein Meditierender – zu jeder Zeit, bei jedwedem Tun. Ich bin es – natürlich mit allen Unvollkommenheiten, die ich in mir trage. Ich bin es – allen Ernstes.
Das scheint mir die Bedingung dafür zu sein, dass Zen-Kontemplation im Herzen eine Hoffnung freilegt, die stärker ist als Selbst-Zweifel, Mutlosigkeit und Schwarzseherei. Diese Hoffnung wird mich zu einem Handeln bewegen, das aus dem Einssein, der inneren Stimmigkeit kommt und in diese Einheit hineinführt.

P. Johannes sprach oft von der „Freilegung der geistigen Kernenergie“, die in ihrer positiven, menschlichen, herzlichen Kraft die Kehrseite der zerstörerischen Atomwaffen-Gewalt entspreche.
Martin Luther King ist einer der Zeugen dafür, dass es hier nicht um schöne, aber wirklichkeitsfremde Gedanken, sondern, dass es um Realität geht. Auch ein P. Lassalle und die Weltfriedenskirche in Hiroshima stehen dafür. Jeder, der sich entschieden auf den Weg macht, wird diese Wahrheit am eigenen Leib erfahren und ist berufen, andere darin zu bestärken.

Uns gegenseitig bestärken: Dazu soll auch der Begegnungs-Tag unseres Freundeskreises dienen; eine kostbare Möglichkeit, uns nicht nur schweigend, sondern auch mit Worten zu ermutigen; füreinander Zeugnis abzulegen von dem Schatz, den wir (immer anfanghaft, im Beginn!) gefunden haben. So freue ich mich auf Sie (gerne in Begleitung!), am Sonntag, 29. September, um 10.00 Uhr, in unseren neuen Räumlichkeiten in Hattingen! Infos zu Tagesprogramm und Anmeldung hier.

P. Paul

Fotos: Inge Hausen-Müller

Pfingsten – Fest der Begegnung

Es ist der Atem-Geist, der verbindet – und das ereignete sich in diesem Jahr auf ganz besondere Weise:

Parallel zum Sesshin in Vallendar machte sich eine Gruppe aus dem Kreis der Zen-LehrerInnen, der Assistentinnen und der Leitung des Freundeskreises auf den Weg nach Rom. Dort nahmen wir am jährlichen Pfingst-Sesshin der Gruppe unseres Programms dort teil. Gleichzeitig war dies eine kostbare Gelegenheit, untereinander ins Gespräch zu kommen – am Ende des Sesshins und bei den vielen Begegnungen danach. 

Wir trafen die Meditierenden, die sich wöchentlich im Stadtzentrum zusammenkommen, in einer Kirchen-Krypta, wo auf Initiative des Pfarrers jeden Tag die Türen offen stehen für Obdachlose und Arme. Viele Mitglieder unseres Programms engagieren sich dort und üben so „Ora et Labora“ – „Stille und Samu“.  Und dann ging es weiter: Da ein Mit-Meditierender Vorsitzender der Goldschmiede-Innung ist, standen uns die Türen zu deren kleiner, aber wunderschöner Kirche offen, die vom jungen Michelangelo entworfen wurde. 

Wir meditierten mit einer kleinen buddhistischen Sangha, deren Leiter uns von seinen Treffen mit P. Johannes erzählte. Und wir besuchten die ganz besondere Buchhandlung „ASEQ“ und deren Mit-Inhaber und Buch-Liebhaber Edoardo Quarantelli. Er ist es ja, der durch seine Freundschaft mit Teseo Tavernese, dem Übersetzer der „Schneeflocken“ vom Deutschen ins Italienische, mit LEBEN AUS DER MITTE in Kontakt kam. Daraufhin rief er vor über 20 Jahren eine Meditationsgruppe ins Leben und lud P. Johannes ein, zu einem ersten Sesshin nach Rom zu kommen. Bis heute fordert er mit seinem besonderen Gespür für spirituell Suchende immer wieder (vor allem jüngere) Menschen dazu auf, „meditieren zu kommen“. 

Schließlich waren wir bei Vinzenz Pallotti zu Gast: dem globalen Mutterhaus seiner Gemeinschaft und der Kirche, in der er selbst unter dem Altar beigesetzt ist. 

Staunen und Dankbarkeit über sehr intensive Tage prägten den Austausch beim Rückflug. Ein Dank vor allem an unsere römischen „Schutzengel“: Alessandro Gabteni, Guido Lombardo und Ignazio Cazzaniga, die ja oft und gern gesehene Gäste auch hierzulande in unseren Sesshins sind. Ein Dank für das freundliche Willkommen der Gruppe in Rom, die uns sofort das Gefühl gab, zu Hause zu sein. Sicher wurden in diesen Tagen Bande geknüpft, die weiter bestehen, sich intensivieren werden. Und bereits jetzt der Hinweis auf die Möglichkeit, im nächsten Jahr Pfingsten in Rom dabei zu sein: vom 4. bis 8. Juni, Mittwoch bis Sonntag. Bei Interesse möglichst bald mit mir Kontakt aufnehmen!

P. Paul

„Ich wollte etwas Neues“ – Einweihung des Meditationsraumes in Hattingen-Welper mit Bischof Overbeck am 20.04.2024

Es war ein kleines, mutmachendes Fest. Auch wenn noch nicht alles eingeräumt war, feierten 60 geladene Gäste mit dem Essener Bischof die „neue Schweigekammer des Bistums“. Darunter waren viele MitarbeiterInnen des Meditations-Programms „Leben aus der Mitte – Zen-Kontemplation“, das nun auch ein neues Zuhause hat, nachdem vor über zwei Jahren das diözesane Exerzitienhaus Kardinal-Hengsbach-Haus in Essen-Werden aus wirtschaftlichen Gründen geschlossen und veräußert wurde.
Die Feier begann mit einer Zeit der Stille, in der die Anwesenden – mit einer Impuls-Karte in der Hand und ohne Schuhe – den neuen Raum erspüren konnten.

„Ich wollte von Anfang an nicht nur beenden, sondern neu beginnen“, betonte der Bischof in seiner Ansprache und bezog sich dabei auf das bekannte Jesaja-Wort: „Denkt nicht mehr an das, was früher war; auf das, was vergangen ist, achtet nicht mehr! Siehe, nun mache ich etwas Neues….“ (43,18).  Die ganze jüdisch-christliche Heilsgeschichte sei eine Erzählung von Neuaufbrüchen, von Abraham bis hin zu den Oster-Erfahrungen der Jünger.

Dass die (mittlerweile nicht mehr ganz) neuen Akteure an ihrer neuen Wirkungsstätte willkommen sind, das machten in ihren Grußworten Vertreter von Politik sowie Orts- und Pfarrgemeinde deutlich. Dankbar für diese Vernetzung vor allem in der guten Zusammenarbeit mit dem Bistums-Team äußerte sich auch P. Paul in seiner Willkommens-Ansprache. Und er verwies auf den geistigen Vater des Programms, P. Enomiya-Lassalle, dessen Motto „Lasst uns beten für den Frieden in der Welt“ hochaktuell ist.

Das renovierte Stockwerk des Pfarrheimes von St. Joseph in Welper umfasst neben dem Meditationsraum einen Saal für Begegnungen mit geräumiger Küche. Dort werden in Zukunft das Exerzitienreferat des Bistums („team exercitia“) und „Leben aus der Mitte“ Angebote machen. Kurse mit Übernachtung finden weiterhin dezentral – wie schon in den letzten Jahren nach der Schließung von Essen-Werden – in unterschiedlichen Bildungshäusern statt.  Im ehemaligen Pfarrhaus, das an das Pfarrheim angrenzt, befindet sich das Büro von Frau Ute Schäfer. Sie erledigt kompetent auch für unser Programm die Kursplanung und -abwicklung. Die anteiligen Personalkosten werden vom Freundeskreis getragen.  

Am 5. Mai öffnen sich die Türen der neuen Räume für alle Interessierten. Herzlich willkommen!

P. Paul

Rede von Bischof Franz-Josef Oberbeck
Rede von P. Paul Rheinbay

Kreuz und Widerstand

Der preisgekrönte aktuelle Film “Zone of Interest“ erzählt das Leben des Lagerkommandanten Rudolf Höß und seiner Familie in unmittelbarer Nähe zum Konzentrationslager Auschwitz. Ihr nahezu normales ziviles Leben in komfortabler Umgebung steht in erschreckendem Kontrast zu den aus dem Lager kommenden Schreien und dem Geräusch der Menschentransport-Züge, das den ganzen Film untermalt. An all das hatten die Bewohner der Villa sich offenbar gewöhnt. Gewöhnung ist ein langsam wirkendes Gift. Es... Artikel ansehen

Das Licht, das in der Finsternis leuchtet

Es ist eine uralte Menschheitserfahrung, die in der Weih-Nacht eine neue Qualität bekommt: “Wenn du meinst, es geht nicht mehr, dann kommt von irgendwo ein Lichtlein her.”Oder: “Wo die Not am größten, ist die Hilfe am nächsten.” Damit soll die Not nicht schöngeredet sein, im Gegenteil: Erst wenn der Mensch aufhört, dem inneren Dunkel aus dem Weg zu gehen, davor zu fliehen, wenn er es sieht und es annimmt, erst... Artikel ansehen