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Weihnacht – Geschenk zum Schenken

weih12-5_01“Frohe Weihnacht” – “Gesegnete Weihnacht” – “Ich wünsche Ihnen die weihnachtlichste Weihnacht Ihres Lebens”. Solche Grüße zu Weihnacht werden Sie vielleicht gedruckt oder auch hand- geschrieben in Ihrer Weihnachtspost lesen. Sollte Ihr Geschenk Anlass sein zu einem freudigen “Ach!” und einer spontanen Umarmung, dann könnte es ja schon eine frohe Weihnacht sein.

Um frohe Weihnacht zu erleben, kann es auch noch mehr, noch viel mehr sein? Wie in vergangenen Jahren dürfen Teilnehmer vonLeben aus der Mitte das Weihnachts-Sesshin vom 20. bis 26. Dezember in Vallendar-Schönstatt erleben. Keinem der Teilnehmer ist mit dieser Teilnahme ein Friedens- und Glückserlebnis nach vorgestelltem Muster zugesichert. Es kann auch schmerzvoll sein. Es werden – wie in jedem Sesshin – auch Tränen fließen.
Meine Aufgabe in der Begleitung dieses besonderen Programms besteht darin, auf das eigentliche Geschenk hinzuweisen, nicht nur für die Sesshinteilnehmer, sondern, wie ich in großer Freude im Evangelium bei Lukas im zweiten Kapitel lese: “Friede den Menschen auf Erden, die guten Willens sind.”

So sehen wir uns im weihnachtlich Gemeinsamen in diesem besonderen Sesshin mit Ihnen – wo und wie auch immer Sie diese Weihnacht erleben – im Gemeinsamen, sei es in Ihrer Wohnung ganz allein, oder im Kreis Ihrer Lieben.

weih12-4_01Das eigentliche Geschenk? Was habe ich, das ich nicht empfangen hätte? Ich verdanke, dass ich bin.

Man muss nicht an einem Sesshin teilnehmen, um zu dieser Einsicht zu kommen. Aber in einem Sesshin ist alles darauf angelegt. Je mehr ich zu mir selber komme, umso mehr erkenne und erfahre ich mich geschenkt.

Die größte Entdeckung, Erkenntnis und Erfahrung zu der ein Mensch befähigt und Mensch geworden ist, ist die Erkenntnis und Erfahrung seiner Wesensnatur. Wo lässt Gott, die unendliche Wirklichkeit, sich finden?

Seit 40 Jahren glüht in Leben aus der Mitte ein Zentralwort der Heiligen Schrift: “Christus ist in euch, die Hoffnung auf die Herrlichkeit.” Wen finde ich im Innersten meines Innern? Der Weg der Zen-Kontemplation lässt sich beschreiben mit einem Wort, das ich gestern von einem Heiligen aus dem 11. Jhdt., Bernhard von Clairvaux, gefunden habe: “Geh deinem Gott entgegen bis zu dir selbst.”

Das ist nicht nur der Weg der Zen-Kontemplation. Das ist der Weg eines jeden Menschen. Auf diesem Wege erkenne ich mich, mit allem, was ich bin und habe, als Geschenk. Ja, und soweit es mir gegeben wird, mich in meinem Innersten, in meiner Wesensnatur zu erkennen, erfahre ich mich in dem unendlich Schenkenden der Mensch geworden ist.
Zielgenau komme ich zu mir selbst, indem ich mich verschenke – indem ich liebe. Daher hat Weihnacht auch den schönsten Namen: Fest der Liebe.
Am besten feiert, wer von ganzem Herzen für nah und fern Geschenk sein möchte. Das Wunderbare ist möglich: Wer das “Weihnachtsgeschenk” annimmt, wird selbst zum Geschenk, aber nicht nach Muster. Es kann auch sein in Tränen – und doch getröstet.
Mit Ihnen hoffen wir – Sie in Ihrer Weise, wir in diesem Weihnachtsesshin – uns so beschenken zu können.

Frohe Weihnacht!
P. Johannes

Fotos: Rainer Schmidt

Ein halber Zentimeter Advent

adv2012a_01Auf unserem Esstisch steht seit einigen Tagen eine Kerze, rot mit einigen adventlichen Symbolen. In ihrer Länge sind Maße angegeben von 1 bis 25 jeweils in einem Halbzentimeter Abstand. Also ein Programm: Bis zum 25. des Monats soll die Kerze täglich einen halben Zentimeter lang brennen – so meine Deutung, als sie heute beim Mittagessen leuchtete.

Täglich ein halber Zentimeter Advent.
Täglich soll mir eine Zeitlang Adventslicht leuchten.

Diese Kerze, ein Symbol dafür, dass ich in mir bis zu Weihnacht ein Adventslicht brennen und leuchten lasse – in dieser “besinnlichen” Adventszeit, in der doch alles Besinnliche verzehrt wird in Geschäf- tigkeit mit Besorgung der Geschenke, der Weihnachtspost und Vorbereitung auf das Fest. Dazu noch die aufregenden Nachrichten von Krieg und Unrecht und Katastrophen in aller Welt.

adv2012b_01Wie ist es möglich, in all dem die Zeit und die Ruhe zu finden, um einen halben Zentimeter Adventslicht in sich leuchten zu lassen? Wie?

Wäre dies nicht vergeudete Zeit in all dem doch so dringend Anstehenden, für das mir ohnedies die notwendige Zeit fehlt, weshalb mir auch abends immer noch etwas einfällt, das ich eigentlich tun wollte und wozu ich – weil mir die Zeit fehlte – nicht gekommen bin.
Wie wichtig soll mir bei all dem die Zeit sein für einen halben Zentimeter Kerzenlicht – Adventslicht – in mir? Eine schwere Frage.

Auf diese Frage hin keinen Rat, keine Empfehlung, sondern ein Faktum: Vom 5. bis 9. Dezember haben sich vierzig Menschen zur Teilnahme an einem Sesshin im Kardinal-Hengsbach-Haus in Essen entschlossen.
In diesem Programm lassen sie viele Zentimeter Kerzenlicht brennen.
Keine Einkäufe, keine Vorbereitungen auf das Fest und keine Steuererklärungen. Sie alle lassen nur das Adventslicht in sich brennen, die ganze Zeit darauf bedacht, in diesem Licht den Weg zu finden für die Ankunft bei sich selbst, in der sie eins werden mit sich – und mehr und mehr begreifen, was das ist, wenn eins in das andere übergeht: Wenn in der Selbstfindung auch Gott gefunden wird und wenn wir in Gott uns selber finden.

adv2012e_01Jeder, der an einem Sesshin, an Tagen in solcher Stille, teilnimmt, weiß dass das Licht des Advents auch im Alltag und in voller Geschäftigkeit in ihm leuchten kann und will. Das Licht im Alltäglichen leuchten zu lassen, ist der eigentliche Weg, denn: Der Alltag ist der Weg.

Meine Mutter hat sich in ihrer Sorge für sieben Kinder im Advent nie Tage der Stille für sich frei genommen und konnte ihrer Familie eine mir unvergesslich schöne Advents- und Weihnachtszeit bereiten. Ihr Licht leuchtet mir heute noch für den Weg zur großen Ankunft.

Das ist auch unsere Weise, dieses Advents-Sesshin zu erleben: Das Licht in diesem halben Zentimeter sei ein Symbol für das Licht im Sesshin wie im Alltag. Und wer möchte in diesen Tagen nicht Licht sein?

P. Johannes

Fotos: Inge Hausen-Müller

Fotos: Inge Hausen-Müller

Allerheiligen – Allerseelen

“Mit ihnen lass auch uns – wie du verheißen hast – zu Tische sitzen.”

allerh11_01Das ist eine Bitte in der Feier der Eucharistie im Gedenken an die Verstorbenen. Sie regt meine Phantasie an und lässt mich fragen, was wohl mit dieser Bitte gemeint ist. Mit den Verstorbenen zu Tische sitzen, wie soll das gehen?

Soviel lässt sich sagen, dass dies eine symbolische Benennung ist, für eine Gemeinsamkeit, die ihren Ausdruck findet in einem festlich frohen Miteinander bei Tisch. Können wir ein Miteinander mit unseren lieben Verstorbenen erfahren?

In einem Sesshin, das wir vor einigen Tagen beendet haben, fühlte ich mich in der Feier der Eucharistie bei diesem Gedenken an unsere Verstorbenen sehr berührt. Ich hatte keine Vision und auch kein spektakuläres Erlebnis, aber ich fühlte mich – wie gesagt – sehr berührt. Gibt es dafür eine Erklärung?

In einem Sesshin ist das Programm sehr sorgfältig so angelegt, dass man aus der Zerstreuung zur Sammlung, dass man zu sich kommt, in sich geht, sich in seinem Innern fühlt, wie es geschehen kann, wenn man mit seinen Gedanken zur Ruhe kommt. In Fühlung mit sich erfährt man sich anders, als wenn man über sich nachdenkt.

Auf diesem Weg kann man zu einer Erfahrung kommen, in der man die Wirklichkeit in sich findet, wie sie dem Verstand nicht zugänglich ist.In unserem eigenen Wahren Wesen finden wir uns als Ganze.

allerh1a_01Als Ganze finden wir uns nicht nur in unserem Zeitlichen. Es ist etwas in uns, das nicht stirbt. Dafür gibt es keinen Beweis, aber es gibt eine Erfahrung, die bis zur Gewiss- heit erlebt werden kann. Wenn wir so in Berührung kommen mit dem Ewigen in uns – in Herzberührung, dann finden wir uns auch in einer Gemeinsamkeit mit unseren Lieben, die bereits im Ewigen sind. Wir können die Toten lieben in einer wahren Beziehung. Diese Liebe kommt an – im Geben und Empfangen.

Wir können diese Gemeinsamkeit mit den Verstorbenen intensivieren mit gleichzeitiger Intensivierung unserer Beziehung zu uns selbst: mit der Annahme unseres eigenen Todes, mit der wir unser eigenes Leben ver- lebendigen und intensivieren. Wie wir diese Annahme als Selbstannahme werten sollen, sagt der verstorbene Bischof Klaus Hemmerle: “Wer mit seinem eigenen Tod nicht lebt, der lebt nicht mit seinem Leben.

Wir können unsere Beziehung zu den Verstorbenen leben und ihnen alles Gute, das Allerbeste und Schönste wünschen und für sie beten. “Nimm sie auf in deine Herrlichkeit” bete ich für sie in der Feier der Eucharistie und gleichzeitig auch für uns, unsere innige Gemeinschaft mit ihnen, symbolisch ausgedrückend: “Und mit ihnen lass auch uns, wie du verheißen hast, zu Tische sitzen in deinem Reich.” Das ist auch eine Menschheitserfahrung, dass wir in Herzberührung mit dem Ewigen in uns die Grenzen der Zeit überschreiten und bereits jetzt schon mit denen, die uns vorangegangen sind, eine Gemeinsamkeit erleben.

allerh1d“Allerheiligen” ist ein Fest unserer Beziehung zu verschiedenen Heiligen – zu denen, deren Namen ich finde im offiziellen Heiligenkalender. Ich habe aber auch meinen inoffiziellen Heiligenkalender. Da sind die Namen derer, für deren Heiligsprechung ich selbst zuständig bin.

Da ist meine Mutter, die für mich größte Kirchen- lehrerin. Sie lehrte mich glauben und beten. Da ist Fräulein Fuchs, die Klassenlehrerin meiner ersten drei Volksschuljahre. Viele Lehrer auf meinem Lebensweg. Dazu gehört der Japanmissionar Pater Enomiya Lassalle, der mich auf den Weg der Zen-Kontemplation brachte. Mein Zen-Meister Yamada Roshi, der mir das Lebenskoan gab: “Du musst verwirklichen, dass Jesus Christus in Dir ist.” Da sind Freunde und Weggefährten.
Da sind alle, die ich meine mit der Bitte: “Und mit ihnen lass auch uns, wie du verheißen hast, zu Tische sitzen in deinem Reich.”

P. Johannes

Fotos: Inge Hausen-Müller

Fotos: Inge Hausen-Müller

Der soziale Aspekt der Meditation

Zen-Kontemplation auf der Straße, in den Geschäften und am Arbeitsplatz? Gemeint damit ist eine soziale Verantwortung auf Wegen und Weisen der Meditation. Wie denn? Still sitzen auf der Straße, in den Geschäften und am Arbeitsplatz? Das klingt eher nach einem Witz als nach sinnvollem Tun. Am Arbeitsplatz geht es um die Arbeit und nicht um eine Stilleübung. In den Geschäften geht es um sorgfältig gezieltes Einkaufen. Und auf der Straße... Artikel ansehen

Ein Segen für “Leben aus der Mitte”

Kenshukai 2012 bei uns in Essen Als P. Johannes am Sonntag, dem 12. August 2012, nachmittags im Essener Dom die Bedeutung der Goldenen Madonna für den Vollzug der Zen- Kontemplation erklärte, da ging eine gefüllte Woche zu Ende, voller bewegender Erlebnisse, die noch lange nachhallen werden. Kenshukai – das ist ein jährlich an wechselnden Orten stattfindendes, internationales Treffen der Zenlehrer und -anwärter aus dem Sanbo-Kyodanunter Leitung des jetzigen Roshi Yamada... Artikel ansehen