Nur noch

hiroshima2aEs ist keine leichte Lektüre, die ich Ihnen mit diesem Beitrag zumute.
Ich finde auch immer noch nicht die rechten Worte zu diesem Ereignis, an das – wohl für alle Zeiten – der 6. August erinnert. Es ist die Erinnerung an den Tag in Hiroshima, an dem 1945 morgens um 8:15 Uhr die erste Atombombe explodierte. Seit diesem Tag weiß jeder Mensch, dass ein neues Zeitalter, das Atomzeitalter, begonnen hat.

Mehrmals besuchte ich mit dem Japanmissionar Pater Lassalle (1898-1980) diese Stadt, in der er selbst, eineinhalb Kilometer vom Epizentrum der Explosion, am eigenen Leib – schwer verwundet – erlebte, was Hunderttausende nicht überlebten. Er war wirklich das gebrannte Kind, dem es auch gegeben war, in aller Welt zu sagen, welche Stunde für die Menschheit geschlagen hat.

Foto: Rainer Schmidt

Foto: Rainer Schmidt

Von Zufall kann reden, wer will: Für Pater Lassalle war es kein Zufall, dass er eine Stunde vor diesem Ereignis an seinem Altar das Fest der Verklärung feierte. In dem Apsis-Mosaik in der von ihm errichteten Weltfriedenskirche lässt er den Lichtstrahl durch die Christusgestalt zur Erde fallen. Der vernichtende Lichtstrahl wird in der Gestalt Christi gewandelt und lässt die Welt und die Zeit in einem neuen  Licht der Zuversicht erscheinen.

In der Eucharistiefeier am 6.8. las Pater Lassalle den Evangelientext: “Sie fielen auf ihr Angesicht und fürchteten sich sehr. Da trat Jesus herzu, rührte sie an und sprach: Steht auf und fürchtet euch nicht. Und als sie aufschauten, sahen sie nur noch Jesus.”
Für Pater Lassalle hieß das: “Als sie aufschauten, sahen sie nur noch die Wirklichkeit“, denn er lebte in einem immer tiefer werdenden Verständnis der Worte des Paulus: “Die Wirklichkeit aber ist Christus.” (Kol 2, 17).

Auf seinem Zen-Weg wurde P. Lassalle die Erfahrung zuteil, dass er in seiner Wesensnatur – in buddhistischer Sprache in seiner Buddhanatur – immer klarer und unzweifelhafter die Christusnaturerfahren durfte.
So und einfach: Die Wirklichkeit. Die unendliche Wirklichkeit.

Mit weniger konnte er sich nicht mehr begnügen.
Und nur mit Blick auf die unendliche Wirklichkeit fühlte er sich gedrängt und ermächtigt, mit seiner Weltfriedenskirche in Hiroshima der Menschheit für das Atomzeitalter ein Zeichen unzerstörbarer Zuversicht zu geben.

Nur noch im Blick auf die unendliche Wirklichkeit.

Mit diesem Nur Noch im Blick sieht die Welt und sieht jeder Mensch, in welcher Situation auch immer – es sei auch gesagt: Im Leben und im Tod, in Gesundheit und Krankheit, in Erfolg und Misserfolg – alles im Sog unzerstörbarer Zuversicht.

P. Johannes

Foto: Inge Hausen-Müller

Foto: Inge Hausen-Müller