Advent – konkret
Das ist doch unglaublich – aber es passt: “Kommen Sie gut nach Hause” – dieser Wunsch kam mir nach dem letzten Meditationsabend als ein Wort zum Advent.
Wo anders kommen wir gut an als bei uns selbst? Wen erwarten wir?
“Seele, suche mich in dir, Seele, suche dich in mir”, lesen wir in einem Gedicht der großen hl. Teresia.
Wen erwarten wir? Wir erwarten den, der schon da ist: “…suche mich in dir.” Auf dieses Wort hin möchte ich auch ein wenig unter die Dichter gehen und sagen: “Nur Mut, meine Seele, vertraue, vertraue – öffne und löse dich im Vertrauen und lass dich ein, lass dich sein in Dir selbst.”
Das ist die Ortsbestimmung nach dem modernsten und ältesten Navigationsgerät, das aber – wie das beste Gerät – nur eingeschaltet den Weg anzeigt. Einschalten – sich einschalten, ist der kürzeste und genaueste Impuls für den Weg zu sich selbst.
Selbstfindung – Gottfindung: Wie passt das? Gott und Ich? Wie passt das, was man so hört: Der Wunderbare – Erhabene – Vollkommene – Unendliche – usw. Wie passt das mit mir?
Das müsste doch wunderbar zugehen, wenn das passen sollte.
Das ist das Problem, dass wir uns das Wunderbare nicht denken können und dass wir uns zu sehr auf das Denkbare verlassen. Inzwischen merken es alle: Im Denkbaren wird es eng und enger. Dass der Raum des Denkbaren zu einem Angstraum geworden ist, sagen die täglichen Nachrichten.
Kein Mensch in unserer Zeit ist genötigt, sich in den Raum des Denkbaren einzuengen, denn das Denk- bare ist nicht alles. Wer will, kann sich das sagen lassen. Die Naturwissenschaft liefert zwar keinen Gottesbeweis, aber sie kann sagen, dass wir im Denkbaren nur einen sehr geringen Bereich der Wirklichkeit erkennen. Ich war doch sehr erstaunt, zu lesen, wie wir für unseren Weg von einer Autorität der Naturwissenschaft, Hans Peter Dürr, eine solche Bestärkung finden:
“Es gibt ein Wissen um prinzipielles Unwissen. Eine solche Beschränkung sollte jedoch nicht negativ gewertet werden, denn Wissen ist nicht alles. Im Gegenteil, die prinzipiellen Grenzen des Wissens öffnen in unserer vorgestellten Wirklichkeit wieder Räume, die nur durch Glauben zugänglich sind, ein Glauben, der mehr bedeutet als ein Noch-Nicht-Wissen.”
Es könnte doch etwas zu adventlicher Bereitung dienen, wenn wir uns auch von der Wissenschaft sagen lassen, dass wir in einer Wirklichkeit leben, die wir uns nicht denken können, in der wir aber im Blick auf das innere – eingeschaltete – Navigationsgerät auf dem Wege sind zu uns selbst, wo wir immer schon in unendlicher Liebe erwartet und uns mehr und mehr motiviert und angezogen fühlen.
Das ist es eben: Das ist Advent, das ist Weihnacht, dass das passt: Das Wunder des Advents, das Wunder der Weihnacht. Das ist die Botschaft, die wir hören und annehmen sollen und staunen: Was überhaupt nicht passt, wird wunderbar passend. Dies mit Blick auf das Navigationsgerät, so, wie gesagt ist: “Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar.” (Saint-Exupery)
Mit diesem Blick – im Zen spricht man vomWesensauge – kommst Du aus dem Staunen nicht heraus und traust Dich, wird Dein Vertrauen immer größer: Wie wunderbar das passt!
Da die rechten Worte finden! In der Suche nach den rechten Worten sagte der hl. Vinzenz Pallotti: “Je mehr ich Dich verkannte, undankbar war und voll Schuld, desto größeres Vertrauen habe ich.”
Mir scheint, wir können Advent und Weihnacht neue Namen geben:
Fest des Vertrauens – Fest der Ankunft bei mir selbst
Bereiten wir uns wie die klugen Jungfrauen, die das bei sich hatten, was verbrannt werden will und was sie nicht – wie die törichten – verdrängen und vergessen, sondern in ihrer Schauseite vor sich hingehalten haben: “Je mehr ich dich verkannte, undankbar war und voll Schuld” – desto mehr Brennstoff nehme ich in die Hände und entzünde ihn im Feuer des Vertrauens, das in der Liebe immer grösser wird und immer heller den Weg erleuchtet zu mir selbst. “Wer begreift, dass er der Geliebte Gottes ist, der braucht nicht mehr durch die Gegend zu laufen und um Anerkennung zu betteln.” (Henry J.M. Nouwen)
Längst ging einer voraus und hat alles Unpassende schon passend gemacht: Dass wir das doch erkennen und annehmen, was der immer schon Angekommene in unendlicher Liebe uns geben will.
So mein Adventsgruß: “Kommen Sie gut nach Hause!”
P. Johannes
Fotos: Inge Hausen-Müller, aufgenommen 2004 im Exerzitienhaus der Clemensschwestern, Kevelaer