Wascht euch, reinigt euch!

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Fastenzeit – ein in allen spirituellen Traditionen anzutreffender, wohl dem Menschen ganz entsprechender Ritus der Reinigung, der Vorbereitung auf und der Wegbereitung für neues Leben. Dieses ist ja schon da, will durchbrechen, oft durch so viele Schalen des Gewohnten, Liebgewordenen.
Fasten – nicht um seiner selbst willen, vielmehr als Durchgang, für Christen hin zum österlichen Leben in Christus.

saarn8Fastenzeit 2016. Ich möchte sie verstehen im Kontext unserer Zeit. Was bedeutet Fasten im Blick auf die sich abspielenden Menschheits-Dramen weltweit?
Geht es nicht um eine Umkehr zum Herzen des Menschseins, eine Beherzigung dessen, was der Mensch in seinem Wesen ist und was er – „wesentlich“ geworden – vermag?
Geht es nicht um einen „Hausputz“ (siehe das biblische Gleichnis von der Suche nach der verlorenen Drachme!), welcher das Innere in neuem Glanz erstrahlen lässt?
Geht es nicht darum, der Versuchung zu widersagen, sich Gedanken und Gefühlen von Resignation, Ohnmacht und Gleichgültigkeit zu überlassen?
Geht es nicht darum, mehr und mehr Vertrauen zu fassen in die Herrlichkeit menschlichen Lebens? Haben wir dazu einen Zugang, eine allen Menschen mögliche Praxis, Übung?

Heute ist Dienstag. Während ich dies schreibe, lassen sich im Lassalle-Raum des Kardinal-Hengsbach-Hauses in Essen Menschen in die Stille ein – wie jede Woche an den Abenden von Dienstag und Donnerstag. Im fastenden Verzicht auf Worte und Impulse von außen, im Sich-Aufrichten und Lassen von Gedanken und Bildern geschieht Reinigung. Im Wahrnehmen des Grundes kann der Meditierende sich dem Geschenk des Atems überlassen und diesen entdecken als grenzenlose, verbindende und machtvolle, zärtliche Liebe. Jeder Mensch, der auf diese Weise neu zu sehen lernt, wird in der Herausforderung rational unlösbarer Probleme zu einem inspirierenden Geschenk für viele. Das aber hat eine nicht über zu bewertende Bedeutung in sich ausbreitender Sinnleere und Angst.

saarn7In seiner vor kurzem als Buch in Geschenkausgabe erschienenen Schrift „Gebet als Selbstgespräch“ weist P. Johannes auf diese Menschen-Möglichkeit hin:
„Für eine optimistische Sicht der Dinge gibt es eine wundervolle Entsprechung: Je mehr ich mich selbst im Licht meiner Geheimniswirklichkeit sehe, desto mehr kann ich sehen, wo dieses Licht in verschiedenen Weisen in der Menschheit aufstrahlt. Auch das ist Lernziel in der Zen-Kontemplation. Das Programm LEBEN AUS DER MITTE ist auch das Programm Leben in diesem Licht.
Als solche Gruppe fühlen wir uns verbunden mit allen Menschen. Je mehr ich es in mir geschehen lasse, desto größer wird mein Vertrauen, dass die Menschheit ihren Weg findet, auch wenn dieser Weg keine gradlinige vorhersagbare Fortsetzung des Bisherigen ist. Es wird der Weg sein, der in der Wahrheit der menschlichen Natur vorgebahnt ist, wie sie der Position Gottes im Menschen entspricht. Diesen Optimismus findet der Mensch in seiner eigenen Natur, in der er Gott findet in seiner ernsthaften konsequenten Frage nach sich selbst.“ (S.38f.)

Möge doch jegliches WAS, mit dem wir es zu TUN haben, begründet sein in einem solchen WIE, das aus jenem Quell schöpft, der unerschöpflich fließt und sich mitteilen will.

P.S.: Das Buch von P. Johannes ist während der Meditationszeiten im Kardinal-Hengsbach-Haus, über jede Buchhandlung, aber auch bei uns (siehe unten) käuflich zu erwerben!

P. Paul

 

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Fotos: Inge Hausen-Müller