Nach Aschermittwoch täglich strahlen
Ein und dasselbe Wort kann gehört werden wie gewohnt oder – wie ein Dichter sagt: “Da stieß ich auf ein Wort, es traf mich wie ein Schlag und brennt durch meine Tage fort” (Ernst Stadler).
Seit vierzig Jahren ist das Motto von Leben aus der Mitte “Christus ist in euch, die Hoffnung auf die Herrlichkeit” (Kol 1,27).
Einen gründlich bereiteten Vortrag beschloss ich mit diesen Worten. Danach war ich beunruhigt. Ich spürte, dass keiner von den Zuhörern sagen würde: “Es traf mich wie ein Schlag.” Ich hatte eine unruhige Nacht, und des andern Tages wurde mir bewusst, dass ich mit diesem Wort nicht die Wirklichkeit vermitteln konnte, die mit ihm gemeint ist.
Besonders in Tagen des Schweigens kann ein Wort, oft gehört, plötzlich wie ein Funke sein. Wenn da gesagt wird, “… die unendliche Wirklichkeit ist in dir”, ereignet sich etwas anderes, als würde es gesagt und gehört so im Vorbeigehen auf der Straße.
Mit Aschermittwoch beginnt die Fastenzeit. Für manche ein Kontrastprogramm mit Vorsätzen von Tun und Lassen. Es kann aber auch eine Zeit der Besinnung sein mit der Frage: Wie ist das mit mir – wie ist das in mir?
Wenn so in einigen Minuten der Besinnung jemand mit Blickkontakt sagen würde: “Die unendliche Wirklichkeit ist in dir”, dann käme wohl die Rückfrage: “Wie meinst du das?” Dann würde sich zeigen, ob dieses Wort nur ein Zitat ist, oder ob es eine Erfahrung ausdrückt.
Nach dieser unruhigen Nacht wurde mir etwas klar in großer Freude. Dieses Wort “Christus ist in euch, die Hoffnung auf die Herrlichkeit” kann nur als eines jeden Menschen eigene wunderbare Wahrheit verstanden werden: “Die unendliche Wirklichkeit ist in dir” ist ein Wort, das die Wahrheit eines jeden Menschen ausdrückt.
Wenn mit dem Namen Christus nicht die unendliche Wirklichkeit ausgesprochen ist, dann ist nicht gemeint, wofür dieser Name steht.
Mir wurde klar, dass ich Christus nur recht sage, wenn ich damit unendliche Wirklichkeit strahle.
So habe ich anderntags im Geiste nochmals allen meinen Zuhörern gesagt: “Christus ist in euch, die Hoffnung auf die Herrlichkeit” – in dem Sinne, wie ich es selbst in mir erfahre: “Die unendliche Wirklichkeit ist in mir.” Und ich hatte das Empfinden, dass die Freude, die sich in diesem Wort mitteilt, auch anderntags noch ankam.
Und weil ich das so erfahren habe, fühle ich mich angeregt, Ihnen zu Beginn dieser Fastenzeit: “Christus ist in euch, die Hoffnung auf die Herrlichkeit” zu sagen in dem Sinne: “Die unendliche Wirklichkeit ist in euch”.
Und ich werde es durch die Tage der Fastenzeit täglich sagen und vertrauen, dass es ankommt, wie gemeint. Wie gemeint? Sind wir nicht angestrahlt, bevor wir von Strahlung reden? Sie ist in jedem.
In so strahlendem Programm möchte ich mich – liebend gern – mit Ihnen im Gemeinsamen sehen.
P. Johannes