Im Feuer 2018

Schon lange sind die Silvesterknaller verpufft, mit ihnen vielleicht auch schon die ersten Vorsätze für das neue Jahr. Alles, was vorgesetzt ist, kommt nicht so ohne weiteres in die Umsetzung. Und damit stellt sich die alte Frage wieder neu: Was will ich wirklich? Was will ich so, dass ich dafür brenne?

Feuer – immer, wenn ich mich ins Schweigen hinein begebe und meine Gedanken, Vorstellungen, Pläne, auch die guten Ideen und Vorsätze verbrennen lasse. Wenn ich aufhöre, mir ein Bild vom Leben zu machen und daran zu leiden, dass das Leben diesem Bild nicht entspricht. Wenn ich mich dem Atem anvertraue, diesem stets gegenwärtigen Mich-Verschenken und Mich-neu-Empfangen. So komme ich der Glut nahe, die in der Mitte meiner Existenz darauf wartet, dass sie wahr genommen, verspürt und entfacht wird. Es ist eine Feuerstelle, die nie versiegt. Sie ist jedoch darauf angewiesen, dass der Mensch mit dem Brennmaterial der Ereignisse seines Lebens immer wieder ein liebendes „Ja“ sagt und sich an dem Licht orientiert, dass vom Feuer seines Wesens ausgeht.

„Ich bin gekommen, Feuer auf die Erde zu werfen und wie sehr wünschte ich, es wäre schon entfacht.“, sagt Jesus im Evangelium. Und in einem Koan heißt es: „Der Buddha aus Holz geht nicht durchs Feuer. Geht er doch hindurch, verbrennt er gewiss.“ Unwillkürlich ist die Angst da, sich diesem „Vernichtungsprozess“ des Verbrennens zu überlassen. Gleichzeitig gibt es eine ganz tief verwurzelte Gewissheit, dass nur so der Mensch zu seiner eigentlichen Leidenschaft, zu seiner Berufung findet, zu der mit Worten nicht ausdrückbaren Antwort auf die Frage: Wer bin ich? Was ist das Meine? Was kann und soll ich geben?

Was bleibt, wenn alles verbrannt ist, was verbrennen kann? Eine größere Freiheit, jetzt zu tun und jetzt zu lassen, was „dran“ ist. Und dies mit „leichtem Gepäck“: ohne den Ballast, dem inneren „immer mehr, immer besser“ genügen zu müssen, jedoch mit dem klarer gewordenen Blick dafür, wie ich jetzt dem Anruf meines inneren Meisters folgen kann, wie ich – als Christ – jetzt verwirklichen kann, dass Jesus Christus, dass Sein Feuer in mir ist.

Freilich, im Feuer steckt auch zerstörerische Kraft. Größere Freiheit ruft nach größerer Verantwortung dafür, sie nicht gegen, sondern für das Leben wirken zu lassen. Dies ist das Tor des Erbarmens: zu wünschen, dass ich empfänglich werde für den Schmerz der anderen. Sonst kann der Weg auch in den Missbrauch von Freiheit und Macht führen, wie in der Geschichte leider mehr als einmal geschehen.

Wenn Jesus von dem sprach, was er brennend wünschte, ging es ihm um die größere Liebe, die sein Leben erfüllte, bis zur Selbsthingabe für alle Menschen. In der oben genannten Schriftstelle „… wie sehr wünschte ich, es wäre schon entfacht“ steckt somit kein Vor-Satz, sondern eher ein Ein-Satz für 2018: mich diesem Wollen anzuschließen. Dann entsteht Gemeinschaft im und um das Feuer. Dann geht nicht so sehr von Worten, sondern von der Wirklichkeit des Brennens eine Überzeugungskraft aus, die in den Bann zieht. Dann ist das große „Herzlich“ an der Eingangstür unseres Zendos lebendig.

In Freude, P. Paul

 

 

Fotos: Inge Hausen-Müller