Herzlich

herzl-5eEs gibt zwei Arten des Reichtums.
Die eine weist sich aus in Position, in Besitz und Größe des Kontos.
Die andere im Wunsch und in der Freude, zu geben. Sie zeigt sich im Interesse für die Mitmenschen in nah und fern.
Dieser Art des Reichtums wurden wir uns bewusst im Sesshin zum Jahreswechsel. Sie ist für uns in Leben aus der Mitte aufs Höchste aktuell. Mit ihr – so meine ich – können wir die Welt verändern und Entwicklungshilfe leisten mit menschlicher Höchstleistung. Doch Leistung ist hier ironisch gemeint, denn diese Entwicklungshilfe kann sich jeder leisten: Sie hat mit vordergründiger Leistungsfähigkeit nichts zu tun.

Die unendlichen Möglichkeiten dieses Reichtums und seiner Vermehrung liegen nicht in dem, was wir geben, sondern wie wir geben können. Klar, dass es sich in diesem Wie nicht um materiellen Reichtum handelt. Gemeint ist der Reichtum, von dem die Rede ist, wenn wir von jemandem sagen: “Er/Sie hat ein Herz für …” Wenn von diesem Reichtum die Rede ist, was ist dann – in Entsprechung dazu: Armut?
Reich ist, wer viel zu geben hat. Arm ist, wirklich arm ist, wer nichts zu geben hat.

Ich denke an meinen buddhistischen Meister Yamada Kôun Roshi. Am Ende eines Sesshins sagte er bisweilen: “I have given you everything.” Er hat mich mit dem Reichtum seiner Erfahrung für den Weg der Verwirklichung meines Glaubens beschenkt.
Der Jesuitenpater Lassalle hatte nach meinem Empfinden einen milden und schenkenden Blick. Die Menschen fühlten sich gut, wenn er sie anschaute.
Wer hätte nicht erlebt, wie er sich von einem Wort, einem Blick, einer Geste beschenkt fühlte.
Menschen können Lebenskraft geben, können aber auch Lebenskraft nehmen mit Worten, Blicken, Gesten und: Gedanken.
Der unendliche Fundus im Wie des Tuns und Gebens ist jedem geschenkt mit seinem Menschsein. Jeder Mensch hat ein Herz. Dieser Reichtum steht allen zur Verfügung. Er vermehrt sich im Geben.

Das Potenzial des unermesslichen Wie-Reichtums fanden wir in unserem Sesshin zum Jahreswechsel als ein Jahres- und Lebensprogramm ausgedrückt in dem Wort: Herzlich.

P. Johannes

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