Immer wieder: Herzlich

Schon öfter war das Wort herzlich das Jahres- motto im Programm “Leben aus der Mitte”. Aber dieses Mal ist es für mich wie neu.
Was fällt einem rund ums Herz nicht alles ein: Unzählige Redewendungen ranken sich darum, mehrere hundert Mal kommt das Wort Herz in der Hl. Schrift vor.
In einem Koan heißt es: “Unmittelbar auf das Herz des Menschen zeigen; durch die Wesensschau ein Buddha werden.” Und weil dem Schüler nicht klar ist, was das bedeutet, bittet er den Meister um Barmherzigkeit und Unterweisung.

Sesshin ist Herzberührung. Was ist dann Sesshin ohne Ende? – “Denn wo dein Schatz ist, da ist auch dein Herz” (Mt 6,21). – “Brannte uns nicht das Herz in der Brust, als Er unterwegs mit uns redete” (Lk 24,32)? – Aber auch: “Und Er sah sie der Reihe nach an, voll Zorn und Trauer über ihr verstocktes Herz” (Mk 3,5). – “Ich bin voll Trauer, unablässig leidet mein Herz” (Röm 9,2)

Das Apsis-Mosaik in der Weltfriedenskirche in Hiroshima zeigt einen Lichtstrahl, der vom Himmel durch das Herz Jesu bis zur vom Blut getränkten Erde reicht.

In all diesen Worten und Bildern geht es darum, sich anrühren zu lassen von dem, was sich in Worten und Bildern nicht fassen lässt. Und dennoch weiß jeder, der liebt und sich geliebt fühlt, aus eigener Erfahrung, was gemeint ist.
Wer sich anrühren lässt, der öffnet sich – besser: lässt sich öffnen – für das, was unablässig kommen will und sehnsüchtig in uns darauf wartet, eingelassen zu werden in unseren Herzen. Die unzählig vielen verhärteten Schichten unseres Herzens wollen Schritt für Schritt – auch mit Rückschritten – immer weicher und durchlässiger werden. Mehr und mehr wird so aus dem “Herz von Stein ein Herz von Fleisch” (Ez 11,19).

Ist ein so erfülltes Herz frei von Leid und Trauer? Nein! Wird ein so erfülltes Herz alle Schwierigkeiten im Leben problemlos meistern? Nein! Aber: Ein so erfülltes Herz teilt sich mit – es kann gar nicht anders, denn das ist sein Wesen.
Lieben, so sagte P. Johannes unlängst, heißt, dem anderen zu einem Bewusstseinssprung zu verhelfen. In der Herzberührung von Herz zu Herz geschieht das sozusagen automatisch, absichtslos.

Das liebende Herz will sich verschenken. In dem Maße, in dem es sich verschenkt, wird es beschenkt. Schenken und beschenkt werden – sind eins.

Herzlich
Peter Sommer