Die Kunst des letzten Augenblicks

ankunft2Wer sich im Jetzt gefunden hat,
hat nichts verpasst,
der hat immer und alle Zeit im Augenblick,
der hat Zeit und Ewigkeit in sich gefunden.
Das ganze Universum feiert mit ihm
die Ankunft.

Die Überschrift dieses Beitrags ist der Titel eines Buches von Yoel Hoffmann mit Todesgedichten japanischer Zenmeister (HERDER spektrum 2000). Sie ist auch Thema einer Veranstaltung der Ruhrtriennale am 28.8.2011, die ich in vollbesetzter Turbinenhalle in Bochum in meisterlicher Rezitation erleben konnte – nicht nur als literarischen Genuss.

“Die Kunst des letzten Augenblicks” will nicht verstanden werden als ein Moment der Uhrenzeit.
Kunst geht wesentlich über allgemein alltägliche Wahrnehmung hinaus. Wenn von Kunst des letzten Augenblicks die Rede ist, dann ist damit nicht ein bestimmter  Moment  gemeint, der sich mit  der Uhr bestimmen lässt.
Es geht nicht um einen Augenblick der Uhrenzeit, es geht um den Augenblick der Wesenszeit.

Das eben drückt hier Kunst aus, dass die Uhrenzeit durchschaut – durchspürt – durchlebt ist alsLebenszeit. Dies meint nicht eine Aneinanderreihung von Erlebnissen, sondern eine Intensivierung des Erlebens. Es geht nicht um ein Vergehen, sondern um ein Eingehen in das Leben. Dies ist auch die Erfahrung auf dem konsequenten Weg der Zen-Kontemplation, dass die Unterscheidung von Leben und Tod mehr und mehr schwindet – und auch die Unterscheidung von erstem und letztem Augenblick.

ankunft1aDas Großthema der Ruhrtriennale (26.8. – 9.10.2011) heißt: “ANKUNFT – Suche nach dem Jetzt.”  So geht es um die Suche nach der Wesenszeit, nach diesem Jetzt zu jeder Zeit.

Die Kunst des Augenblicks besteht eben darin, das Zeitgefühl mehr und mehr zu einer Suche und schließlich zu einer Ankunft im Jetzt werden zu lassen.

Die Sehnsucht hat mit diesem Thema ihre Sprache gefunden:
Nur im Jetzt kommt der Mensch nach Hause, zu sich selbst.

“Dann ist Vergangenheit beständig, das Künftige voraus lebendig, der Augenblick wird Ewigkeit.”
Dieses Goethe-Wort könnte der Untertitel zum Thema sein.

Unser Programm Leben aus der Mitte sehe ich in vollkommener Identität mit dieser Benennung:

“ANKUNFT – Suche nach dem Jetzt.”
Diese ANKUNFT ist gemeint, wenn ich jeweils die abendliche Meditation beende mit dem Segenswunsch: “Kommen Sie gut nach Hause!”

P. Johannes

Fotos: Inge Hausen-Müller

Fotos: Inge Hausen-Müller