Advent im Hauptbahnhof
Am 1. Dezember nach Kalender: Erster Advent.
Und was ist da anders?
Was soll da anders sein?
Es kann sein, dass da überhaupt nichts anders ist als sonst.
Das könnte wohl das Ergebnis einer Befragung sein – etwa auf dem Hauptbahnhof, von dem Josef Beuys sagt: “Die Mysterien finden auf dem Hauptbahnhof statt.”
Warum da?
Vielleicht, weil der Mensch da ist, um weiterzukommen und Kommende zu erwarten?
Aber was hat Advent mit Hauptbahnhof zu tun? Advent ist ja kein Ort.
Aber sind nicht auch in ihm Schienen gelegt?
Muss man nicht auch da rechtzeitig einsteigen?
Kann man nicht auch da den Zug verpassen?
Auch im Advent – wenn’s gut geht, stehe ich morgens auf und gehe abends zu Bett. Aber die große, die größte Frage: Wie?
Wie – wie stehe ich morgens auf und wie – wiegehe ich abends zu Bett?
Dazwischen ist in unserem alltäglichen Programm vorgegeben, was wir tun. Aber wie? Wie?
Ich muss sagen, dass mir dieses Wie unseres Tuns zur größten Entdeckung meines Lebens geworden ist. Im Wie sehe ich die Leiter zu uns selbst, zur inneren Karriere.
Im Alltäglichen – in der Weise, wie wir es tun -, sehen die Weisen die Atomstruktur der menschlichen Handlung, in ihrer immer noch schlummernden Energie.
Das Wichtigste und Größte: das Einfachste: herzlich und in Liebe – mit Besen oder PC – und diesem und jenem.
Advent meint Ankunft.
Wer kommt an – und wo? Auf dem Hauptbahnhof?
Josef Beuys sagt auch: “Jeder Mensch ist ein Künstler.” Meint er damit vielleicht, dass der Mensch bei sich selber ankommen muss? Dass er selbst mitbeteiligt daran ist, was aus ihm wird? ImWie seines Tuns – in der eigentlichen und größten Kunst seines Lebens?
Es sind gute Momente in der Adventszeit, sich bewusst zu werden: “Ich habe mich nicht selber gemacht, aber Tatsache ist: Ich bin da.”
Zum Weiteren komme ich nicht auf der Schiene der Logik: Ich glaube, dass ich außer meinen Eltern Gott mein Dasein verdanke, nicht als Fertigprodukt, sondern mitbeteiligt und mitverantwortlich, was aus mir wird. Der, dem ich mein Dasein verdanke, – so glaube ich -, lässt mich nicht allein.
Immer bin ich Hauptbahnhof, wo ich sein Kommen erwarte, den genialen, göttlichen Mitarbeiter in der Kunst, zu werden, was ich in meinem wahren Wesen schon bin. So vielleicht in Tanzschritten mich führen zu lassen von meinem wunderbaren Inspirator auf dem Wege zu mir selbst?
“Die Mysterien finden auf dem Hauptbahnhof statt.” Sind wir nicht selbst der Hauptbahnhof, auf dem wir die wunderbare Ankunft nicht verpassen, sondern erwarten und feiern dürfen?
Alles kommt bei uns an.
Wir kommen überall hin.
Die Mysterien finden in uns statt.
Ich bin Hauptbahnhof: Ankunft und Beginn der Reise – im Wie-Licht in uns.
P. Johannes