Advent – Bleibe ja nicht stehen!
Ein Symbol in Tagen der Stille, das niemals fehlen kann, ist das Feuer. “Wohltätig ist des Feuers Macht, wenn sie der Mensch bezähmt, bewacht”, sagt Schiller.
Bezähmt und immer bewacht ist das Feuer der Kerze. Was da bezähmt und bewacht wird, ist das Feuer mit dem unheimlichen Selbstbewusstsein: Ich kann auch ganz anders – Feuer!
Feuer, der Sieg gegen die Finsternis, ungezähmt, ist auch die immer gefürchtete Zerstörung: Auch das bescheidene Flämmchen einer Kerze kann sein potenzielles “Ich-kann-auch-ganz-anders” nie verheimlichen. Das Spiel mit dem Feuer hat seinen unüberwind- lichen Reiz.
Gegenüber der Macht des Feuers sieht sich der Mensch als der Stärkere – aber nur als der Wachsame und immer auch Ängstliche: Geh’ nie aus dem Raum, ohne das unheimliche Flämmchen zu löschen. Ich spreche aus Erfahrung: Nach anspruchsvollem Gespräch vergaß ich, das kleine Flämmchen des Adventskranzes zu löschen. Nach einigen Stunden kam die Feuerwehr.
Feuer ist auch Licht. Inzwischen können wir unseren Lichthunger im Anschluss an das Stromnetz auch ohne das immer unheimliche Flämmchen löschen:
So bekommen wir ohne die Nebeneffekte des Feuers ganz ungefährlich die Befriedigung unseres Licht- hungers. Der wird in dekorativer und bisweilen sogar in künstlerischer Gestaltung gestillt – und wir bleiben doch im Ungenügen. Hunger und Durst nach Licht können im äußeren Überangebot nicht gestillt werden. Der Mensch kann in den adventlichen Lichtern in Straßen, Schaufenstern und Verkaufshallen das Licht nicht so finden, dass es ihn sagen lässt: “Da ist mir ein Licht aufgegangen.”
Dieser Frust ist gut, denn der innere Navigator weist den Weg zu einem anderen Licht. Der Mensch ist das einzige Wesen, das sich seines Innen bewusst ist und sich mehr und mehr bewusst werden muss, damit für ihn alles menschlich zugeht. Sich seines Innern bewusst zu sein und sich dafür verantwortlich zu wissen, ist sein wichtigstes Bildungsprogramm.
Advent mit den vielen Lichtern soll erfreuen, aber auch frustrieren – und die Frage verstärken: Was ist mit mir?
Das Licht da und dort in Figuren und Nuancen, das ist gut und schön – aber wie finde ich es in mir? Es soll mich sehnsüchtig machen und feinhörig für die Weisung und Warnung: “Freund, so du etwas bist, bleibe ja nicht stehen. Du sollst von einem Licht fort in das andere gehen.”
Wie, wie, wie?
Ich möchte von ganzem Herzen diese Frage intensivieren in der Gewissheit: “Wer sucht, der findet.”
In unserem adventlichen Sesshin vom 5.-10. Dezember schauen wir auf unseren inneren Navigator, und wir möchten uns mit Ihnen angestrahlt sehen und uns finden lassen von diesem ganz wirklichen Licht von innen. Aber bitte – zugleich im Blick und in Fühlung nach außen mit dem innigsten Wunsch: Das, was uns da zugutekommt, möge allen und besonders Ihnen, unseren Freunden, geschenkt werden.
So auch in der Umkehrung: Was Ihnen zugutekommt, möge uns im Sesshin und im Sesshin ohne Ende im Innersten bestärken und erhellen.
Wir sitzen alle in einem Boot – und jeder rudert an seiner Stelle
P. Johannes