verBINDlich

labyrinth1In Zeiten großer Verunsicherung und im Angesicht von polarisierenden „Herrschern dieser Welt“ gilt es, inne zu halten, wesentlich zu werden, sich den Durchblick neu schenken zu lassen.

So wie die Natur sich auf den Winter hin konzentriert, die Blätter lässt und im Grund die Kräfte neu sammelt – so drängt die Gegenwart dazu, das Geheimnis des Lebens durch alle Irrungen und Wirrungen hindurch zu erschauen.

Dazu gehört, verbindlich zu werden. Aus einer Zeit der jugendlichen Wahl mit ihren tausend Möglichkeiten wächst der Mensch, will er reifen, hinein in eine größere Bereitschaft, sich binden zu lassen.  Anstoß dazu sind manchmal Erlebnisse des Verlierens, des Verlustes, der Frage nach der Ausrichtung der (noch) verbleibenden Lebenszeit; der Wunsch, auf den Punkt zu bringen, was mir das Wichtigste im Leben geworden ist. Dazu gehört auch der bewusste Abschied von der bisherigen Lebensphase, in großer Dankbarkeit für das Gewordene.

Nun ist die Zeit, sich an Neues zu binden oder eben: sich von dem Neuen binden zu lassen, verbindlich der Spur zu folgen, die in mir schon immer grundgelegt war und ist. Nirgendwo im „Draußen“ kann ich sie ablesen, und alle meine verstandes-logischen Begriffe sind zu klein dafür. Es braucht Mut und Vertrauen, Vertrautes ohne „Hintertürchen“ zurück zu lassen und sich auf den Weg ins Unbekannte zu machen.

brunnen1Es ist eine zweite „Kehre“ nach der Erstentscheidung für Beruf, Familie, Freundeskreis… Sie braucht Zeit zu werden: Schweigen ist da angesagt, wo ich das, was entstehen, was geboren werden will, noch nicht in Worte fassen kann. Im Dazwischen von „schon“ und „noch nicht“ irritieren Worte, braucht es den Schutzraum der Stille.

So liegt es in der Verantwortung und Freiheit des Menschen, JA zu sagen zum bindenden Ruf des inneren Meisters. Ein solches JA verändert nicht nur den/die Gerufene(n). Es kann das ganze Umfeld heilsam vor die Frage der Krise stellen:
Was willst Du eigentlich?
Wem gehörst Du?
Für wen gehst Du?

P. Paul

 

Wofür will ich leben?

pilgerwegDu kannst dir nicht ein Leben lang
die Türen alle offenhalten,
um keine Chance zu verpassen.
Auch wer durch keine Tür geht
und keinen Schritt nach vorne tut,
dem fallen Jahr für Jahr die Türen,
eine nach der anderen, zu.

Wer selber leben will,
der muss entscheiden:
Ja oder Nein –
im Großen und im Kleinen.
Wer sich entscheidet, wertet, wählt
und das bedeutet auch: Verzicht.

Denn jede Tür, durch die er geht,
verschließt ihm viele andere.
Man darf nicht mogeln und so tun,
als könne man beweisen,
was hinter jener Tür geschehen wird.

Ein jedes Ja – auch überdacht, geprüft –
ist zugleich Wagnis und verlangt ein Ziel.
Das aber ist die erste aller Fragen:
Wie heißt das Ziel, an dem ich messe Ja und Nein?
Und: Wofür will ich leben?
(Paul Roth)