Soulfood

 

Afroamerikaner gaben ihren Kochkünsten diesen schönen Namen – Soulfood.
Wörtlich genommen steht er dafür, dass kein Mensch allein vom Brot lebt, dass die Seele Nahrung braucht, Hunger hat. Wie beim Leibe auch, ist es nicht gleichgültig, womit der Mensch versucht, diesen Hunger zu stillen. Wir wissen heute viel darüber, wie wir uns „richtig“ ernähren können. Wir wissen auch viel darüber, was die Seele „aufbaut“, was ihr wirklich gut tut. Die Übung der Stille gehört für viele Menschen zum gesunden Tagesmenü. Sie ist freilich kein kurzfristiges, kein Fast-Food-Programm. Die Treue zu ihr macht jedoch empfänglich dafür, wie sehr im Inneren Hunger und Nahrungsangebot einander entsprechen.

Für Christen eröffnet sich hier ein wunderbarer Blick auf die Feier der Eucharistie, des Abend-Mahles. Der Name des katholischen Festes Fronleichnam aus altdeutscher Zeit stellt heute diesen Bezug (leider) nicht mehr verständlich her. Wörtlich meint es: den Leib (licham) des Herren (fron).
Was am Donnerstag vor Osten mit Blick auf das Kreuzesgeschehen eher in stiller Dankbarkeit erinnert wurde, die Vergegenwärtigung Jesu in der Gabe von Brot und Wein, wird jetzt (wieder an einem Donnerstag – nach Pfingsten als Abschluss der Osterzeit) in großer Freude gefeiert und auf die Straßen, in die Wege unserer Welt getragen.
Das Fest als solches geht auf das späte Mittelalter zurück. Das darin ausgedrückte Bewusstsein, dass wir in der Gemeinschaft glaubender und vertrauender Menschen nicht nur den Leib Christi in der Eucharistie empfangen, sondern dass wir selber dieser Leib sind – dieses Selbstverständnis war schon der frühen christlichen Gemeinde zu eigen. Sie nannte sich selbst den realen, den wirklichen, sichtbaren Leib Christi, der durch die Feier der Eucharistie aufgebaut, ernährt und zusammengehalten wird. „Empfangt, was ihr schon seid und werdet, was ihr empfangt“, rief Augustinus, Bischof im nordafrikanischen Hippo, Kindern in einer Predigt zu.

Wie sehr das WIR auch in der Stille bestärkend wirkt und eine Gemeinschaft von schweigenden Menschen einander vertraut wird, das durften über die Pfingsttage wieder Teilnehmer unseres Programmes erleben: Fast parallel in Essen und Rom (dort mit vielen jungen Menschen!) fanden Sesshins statt. Peter Sommer, Cloud of Transparency (durchscheinende Wolke), leitete zum ersten Mal einen mehrtägigen Zen-Kurs. Er wurde im vergangenen Jahr in Essen zum Diakon geweiht und wird – so sein offizieller Auftrag des Bistums – das gottesdienstliche Geschehen in den Sesshins mitgestalten. Es ist sein großes Anliegen, Eucharistie und Zen immer tiefer miteinander zu verbinden, wie es auch in seiner theologischen Abschlussarbeit (erhältlich auf dem Büchertisch des Zendo) zum Ausdruck kommt.

Noch ganz frisch sind die Eindrücke vom Ausflug des Freundeskreises nach Kevelaer, wo P. Johannes seit den 70er Jahren Exerzitienkurse und Sesshins gehalten hatte. Seitdem die Clemensschwestern das Haus aufgegeben hatten (2005), war dieses von der Caritas zu einem riesigen Lebenszentrum für Menschen mit den unterschiedlichsten Einschränkungen umgebaut und erweitert worden. Zwei Schwestern aus der Münsteraner Gemeinschaft sind mittlerweile wieder dort im Dienst, so dass wir eine fachkundige Führung hatten und in der erhaltengebliebenen Kirche Gottesdienst feiern konnten. Der Besuch eines in freier Natur gelegenen, typisch niederrheinischen Café-Restaurants rundete den Tag ab.

Wer es (vielleicht in zunehmender Intensität) erlebt, wird es nicht mehr missen wollen: Soulfood.
In Stille und Begegnungen sind wir eingeladen, einander zur Nahrung zu werden.

P. Paul

 

Fotos: Inge Hausen-Müller