Rücktritt
LEBEN AUS DER MITTE, seit 40 Jahren das Motto für “Zen-Kontemplation in der Diözese Essen”, könnte auch benannt werden als Leben im Beginn.
Es geht nicht um einen Beginn, von dem aus man startet und fortschreitet. Es geht um einen Beginn, der immer mehr hinführt zum Beginn.
Jedes Ende ein Beginn. Auch mit einem Rücktritt kann Neues beginnen.
Solche Gedanken kommen mir in diesen Tagen, in denen so viel von einem geschichtlich bedeutsamen Rücktritt die Rede ist.
Ein Mensch, der in seiner “Leistungsphase” Gott in sich erkannte und die Menschen in außerordentlicher Bega- bung und Verantwortung lehrte: “Christus ist in euch, die Hoffnung auf die Herrlichkeit” (Kol 1,27) und “Erfahrt ihr nicht an euch selbst, dass Christus Jesus in euch ist?” (2.Kor 13,5), der dürfte wohl in seiner “Reifungsphase”, nach Rücktritt aus amtlicher und öffentlicher Tätigkeit, kein geringerer Segen für die Menschheit werden. Er könnte bezeugen, was einer in seiner “Reifungsphase” so ausgedrückt hat: “In jedem Menschen liebt und rettet Gott die ganze Welt.” (Teilhard de Chardin).
Ein Mensch, der so Gott in sich wirken lässt, darf sich in seiner “Reifungsphase” sehen in einem unendlichen Beginn. Er sieht die Menschheit in sich und er sieht sich im Anfang einer Erfahrung, dass Christus in ihm ist, die “Hoffnung auf die Herrlichkeit” (Kol 1,27).
Könnte es dann nicht so sein, dass Papst Benedikt XVI mit seinem Rücktritt in seiner “Reifungsphase” alle Menschen mitnimmt? Was wird ihm wohl das Wort Jesu – bei seinem Rücktritt – in seiner Abschiedsrede bedeuten: “Für sie heilige ich mich selbst” (Joh 17,19)?
Für mich – und ich darf wohl sagen: für viele auf dem Weg der Zen-Kontemplation im Programm LEBEN AUS DER MITTE – könnte dieser Rücktritt zu einer Herzberührungwerden, was ja gemeint ist mit dem Wort Sesshin:
Nicht nur ein Kontrastprogramm zum Leben im Alltag, sondern ein Lebensstil, im steten Beginn, in dem sich immer neue Horizonte eröffnen.
P. Johannes