Zum sechsten August – 70 Jahre Atomzeitalter

johanneshirosh2Das Menschenmögliche überschreitet täglich die Grenzen des Denkbaren. Nicht nur im Erkennen, sondern auch im Vergessen: Sechster August!
Sechster August?
Auf der Straße gefragt, antworten heute immer mehr Menschen: “Was ist mit dem sechsten August?”
In der zweiten Augusthälfte 1945 gab es kaum einen Menschen, der nicht um das Ereignis dieses Tages wusste. Und für viele stellte sich wie noch nie zuvor die Frage nach der Zukunft der Menschheit.

8:15 Uhr japanischer Ortszeit lag die Stadt Hiroshima unter einer Wolke, mit der die Menschheit sich in einem Zeitalter sah, von dem man zuvor nichts wusste: Im Atomzeitalter. Etwa 140.000 Menschen fanden in einem bisher unbekannten Feuer den Tod, siebzigtausend sofort, etwa genau so viele in den darauffolgenden Wochen. Noch mehr wurden von einer bis dahin unbekannten Strahlung lebenslänglich verwundet.

Siebenundzwanzig Jahre danach begegnete ich einem so Verwundeten. Er hat mein Leben verändert und meinen Blick geweitet und geschärft in Fragen für die Zukunft der Menschheit. Das war der Japanmissionar Hugo Makibi Enomyia-Lassalle (1898-1990). Er errichtete mit Beteiligung vieler Nationen in Hiroshima als Symbol der Zuversicht die Weltfriedenskirche.

apsis“Eine neue Art des Denkens ist notwendig, damit die Menschheit überlebt”, sagte Albert Einstein.
P. Lassalle sah die Zukunft in einem neuen Bewusstsein auf dem Weg der Glaubenserfahrung. Er selbst erfuhr die Gnade einer tiefen Erfahrung auf dem japanisch-buddhistischen Zen-Weg. Sein Zen-Meister nannte ihn den “Pionier des Zen-Weges für Christen.”
1972 bin ich ihm in Essen begegnet. P. Lassalle und Yamada Kôun Roshi (1907-1989) wurden zu Vätern des Programms LEBEN AUS DER MITTE – Zen-Kontemplation im Bistum Essen, ein Weg zur Glaubenserfahrung im interreligiösen Dialog.

Die unermesslich schmerzliche Geburt dieses Programms müssen wir sehen in den Ereignissen von Hiroshima und Nagasaki am sechsten und neunten August 1945.
Die gebrannten Kinder dieser Ereignisse – letztlich muss das so gesagt sein – verpflichten und motivieren uns – die gesegneten Kinder – zum Einsatz für einen Weg der Glaubenserfahrung, als begründete Zuversicht für die Zukunft der Menschheit.

“Ein Kind so vieler Tränen kann nicht verloren gehen.” Mit diesen Worten einer Heiligen lassen wir uns ein im Gedenken zum sechsten August 1945.

P. Johannes

 

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