Fronleichnam – Das ist mein Leib!

Endlich wieder ein Sesshin in Präsenz! Nicht, dass die Online-Angebote nur ein Notbehelf wären – selbst Skeptiker sind überrascht, wie viel über die Distanz auf technischem Wege an Intensität „überkommt“. Wir durften das Wort „Präsenz“ in den letzten Monaten ganz neu buchstabieren. Weiter entfernt wohnende Mitglieder unseres Programms – auch die Gruppe in Rom – sind näher gerückt und fühlen sich auf diesem Wege besser einbezogen, stärker verbunden. Dennoch freue ich mich riesig, wie wohl viele von Ihnen, dass wieder Begegnung möglich ist und dazu noch an diesem Fest.

Denn Fronleichnam ist ja Feier der Verbundenheit. Der „Leib Christi“ – das war im frühchristlichen Verständnis nicht das Brot der Eucharistie, sondern die Eucharistie feiernde Gemeinschaft; die Gemeinschaft derer, für die Jesus Christus sein Leben gegeben hat (und welcher Mensch gehört nicht zu dieser Gemeinschaft?!) Was aber bewirkt eine solche Qualität des Miteinanders? Es sind die Worte „Das ist mein Leib – das bin ich für euch“ und die Haltung, einander die Füße zu waschen, einander zu dienen. Wie das IN-Sein, so gehört auch das FÜR zur Wesensnatur des Menschen. Das heißt: Je mehr ein Mensch zu sich selbst kommt, die eigenen Ego-Schranken überwindet, desto spürbarer wird (konkret im Raum, wie die Luft) das Geschenk des Miteinanders.

So machen wir uns im Fronleichnams-Sesshin Jesu Worte zu eigen: Das ist mein Leib, das BIN ich FÜR euch. Und schließen alle mit ein, die in diesen Zeiten Hunger und Durst haben nach Zuwendung, welche die (nicht nur pandemiebedingten) Barrieren überwindet. Hunger und Durst nach einer Zuversicht, die unabhängig ist von äußeren Ereignissen, welche mehr und mehr unvorhersehbar geworden sind. Wir tun dies in der Hoffnung, dass wir im nie endenden Sesshin des Lebens mehr und mehr so miteinander umgehen: Das ist mein Leib, das bin ich – wo ist da der „andere“, außerhalb von mir? Wen kann ich anklagen, verurteilen? Wer ist mir „fremd“? Mit wem bin ich nicht verbunden?

Ausdruck unserer Verbundenheit wird auch der Zazenkai am 22. Juni im Kardinal-Hengsbach-Haus sein. Wir werden miteinander sitzen und Gottesdienst feiern im Gedenken an den Todestag von P. Johannes und in der Dankbarkeit für den wunderbaren „Lassalle-Raum“, in dem wir noch zu Hause sein dürfen. Nach wie vor ist die Zukunft des Hauses ungewiss. Wir nehmen nach dem 22.6. unsere Abendmeditationen wieder auf (Details folgen – s. Homepage) – nicht wissend, wie lange genau das noch möglich sein wird. Gleichzeitig sind wir mit dem „team exercitia“ und dem Bistum auf der Suche nach einem neuen Ort für spirituelle Tagesangebote. Hier fallen demnächst Vorentscheidungen. Je nach Ortswahl wird dann ein Umzug früher oder später – mit bzw. ohne „Zwischen-Zuhause“ anstehen.

Vielleicht kann eine Erinnerung hilfreich sein, damit wir unsere aktuelle Situation recht sehen: Über Jahrhunderte war die Zen-Praxis fest verbunden mit Klöstern und der Lebensform des Mönchs. Bis heute ist dies im Bewusstsein vieler Menschen z.B. in Japan fest verankert. Unser Programm hingegen verdankt sich der Entscheidung, auszuziehen aus diesen geschlossenen Räumen und die Praxis der Meditation für alle Menschen zu öffnen. Yamada Roshi stellte sein Privathaus als Zendo zur Verfügung. Sie wissen alle, dass daraus eine weltweite Bewegung entstand.

Mit Ihnen bin ich neugierig auf das, was uns erwartet.
P. Paul