Der soziale Aspekt der Meditation

brunnen2aZen-Kontemplation auf der Straße, in den Geschäften und am Arbeitsplatz?
Gemeint damit ist eine soziale Verantwortung auf Wegen und Weisen der Meditation.
Wie denn?
Still sitzen auf der Straße, in den Geschäften und am Arbeitsplatz?
Das klingt eher nach einem Witz als nach sinnvollem Tun. Am Arbeitsplatz geht es um die Arbeit und nicht um eine Stilleübung. In den Geschäften geht es um sorgfältig gezieltes Einkaufen. Und auf der Straße muss ich achtsam sein auf die Verkehrsregeln.
Wie kann da von Meditation die Rede sein?
Viel zu wenig ist dort davon die Rede.
In der Meditation geht es immer um meinen rechten wesensgemäßen Zustand.
Vor kurzem war nach stundenlangem Schweigen in unserem Programm der Zen-Kontemplation die Rede vom sozialen Aspekt der Meditation. Es ging darum, dass wir verantwortlich sind für unsere Wirkung im öffentlichen Leben. Es ist nicht gleichgültig, wie wir uns in Geschäften, im Straßenverkehr und am Arbeitsplatz verhalten. Es geht um die Frage, wie wir da sind und wie wir uns bewegen.
Es geht um das Wie.

brunnen1Jeder ist für sein Gesicht verantwortlich, sagt die Psychologie. Kein Mensch weiß, wie viel Gutes er in seinem Leben durch seine Freundlichkeit bewirkt hat. Aber jeder hat erfahren, welche Hilfe ihm durch absichtslose Freundlichkeit zuteil wurde. In einer Notlage kann der Blick in ein freundliches Gesicht Mut zum Weiteren geben.

Die Ausstrahlung eines Menschen kann Kraft geben, sie kann auch Kraft nehmen. Es gibt “Od-Spender” und “Od-Räuber” (Od: angebliche Ausstrahlung des menschlichen Körpers). Wenn Menschen miteinander meditieren, bildet sich im Raum eine Atmosphäre, in der der Einzelne sich von den anderen beschenkt fühlt. Je mehr ein Mensch mit sich selbst im Reinen, fühlt, umso mehr wird er ein Geschenk für die anderen. Auch ohne zu reden, geht von ihm eine Kraft aus, die anderen eine Hilfe ist, zu sich selbst zu kommen, die Vertrauen schenkt und Mut macht zum Eins-Werden mit dem eigenen Wahren Wesen.

Ein Mensch, der eins ist mit sich, ist gut drauf, er tut den anderen wohl, er wird den anderen zu einem Lebensmittel, in seiner Gegenwart kann man besser leben.

brunnen3_01Auf dem Weg der Meditation kann ein Mensch zufrieden werden und so auch den anderen zum Frieden helfen. Unzufriedenheit ist ansteckend und macht unzufrieden. Unzufriedenheit in der Politik erkennt die Friedensforschung im Extremfall als Kriegsursache.

Es ist dem Menschen nicht möglich, nicht zu kommunizieren. Er kann nicht verhindern, dass er in jedem Moment seinen Zustand – das Wie seines Daseins – überträgt. Für das, was er überträgt, ist er verantwortlich.

So wie ein Mensch darauf bedacht ist, gut gekleidet aus dem Haus zu gehen, sorgfältig darauf bedacht ist, was er anzieht, so ist es nicht weniger wichtig, um den Zustand besorgt zu sein, wie er tut und was er tut. Der soziale Aspekt der Meditation ist des Schweigens und – noch vielmehr als bisher – der Rede wert.

P. Johannes

Fotos: Inge Hausen-Müller

Fotos: Inge Hausen-Müller