Das ist noch kein Erwachen!

Gedenken an P. Lassalle in Frankfurt und Essen mit Ana Maria Schlüter und Ursula Baatz

Es waren inspirierende Stunden, die wir beim Gedenken an P. Hugo Makibi Enomiya Lassalle Ai-un, dem Brückenbauer zwischen Ost und West, erleben durften: am Samstag, 3.3., im “Haus am Dom” mitten in Frankfurt – und einen Tag später bei uns im Kardinal-Hengsbach-Haus in Essen.

Ana Maria Schlüter Rodés Ki’un Roshi ist Zen-Meisterin im Zendo Betania in Brihuega, Spanien (eine Stunde von Madrid entfernt), das von P. Lassalle eingeweiht und nach dem Vorbild des von ihm 1960 gegründeten Zen-Centers von Shinmeikutsu bei Hiroshima erbaut wurde.
Ursula Baatz schrieb auf der Grundlage des Tagebuchs von P. Lassalle seine Biografie „Hugo M. Enomiya-Lasalle – Ein Leben zwischen den Welten“.

In ihren Darlegungen stellte Ursula Baatz heraus, wie viele unvorhersehbare „Umstände“ dazu beigetragen haben, dass P. Lassalle Zen für sich und sein Christsein entdecken und diesen Weg dann mit aller Konsequenz gehen konnte: Neben dem Erleben und Überleben der Atombombe waren es vor allem die Erkenntnis buddhistischer Zen-Meister, dass Zen für alle Menschen zugänglich ist, und ihre darauf aufbauende Bereitschaft, christliche Schüler anzunehmen. Nicht zu unterschätzen auf diesem Weg waren die Dialogbereitschaft der Kirche im II. Vatikanischen Konzil sowie der spätere Jesuitenobere Pedro Arrupe, der Lassalle unterstützte, wenn es in der eigenen Gemeinschaft schwierig wurde, und so verhinderte, dass der “Wanderer zwischen den Welten” den Jesuitenorden verließ.

Ana Maria Schlüter war viele Jahre lang Weggefährtin von P. Johannes in Kamakura.
So, wie es das für P Johannes war, ist auch für Ana Maria Schlüter das Verhältnis von christlichem Glauben und Zen ein lebenslanges Anliegen. „Wer Zen übt, in dem wird sich sein Christsein vertiefen und erweitern.“, betonte sie. Dabei warnte sie davor, Zen und Christentum undifferenziert zu vermischen und dadurch beide zu verwässern: „Ein Dialog ist nur möglich, wenn man sich ernsthaft füreinander interessiert.“
Letztlich komme es – wie im letzten Bild der berühmten Serie “Der Ochs und sein Hirte”, der „Rückkehr auf den Marktplatz mit helfenden (nicht “leeren”) Händen“, zu sehen – darauf an, nicht in der Erfahrung des Einsseins steckenzubleiben, sondern die große Einheit in der Konkretion der Dinge und der Nöte anderer Menschen zu sehen und „selbstlos“ zu realisieren: „Sonst ist dies noch kein Erwachen!“

Das Treffen in Frankfurt fand statt auf Initiative der Katholischen Akademie des Bistums Limburg (Studienleiter Thomas Wagner) in Zusammenarbeit mit Ursula Baatz.
In Essen folgten der Einladung von “LEBEN AUS DER MITTE” zur Eucharistiefeier und dem anschließenden Podium im Kardinal-Hengsbach-Haus fast 50 Teilnehmende unseres Programms.

Die gespannte Aufmerksamkeit zeigte das Interesse an den Fragen, die im Rahmen eines Nachmittags nur angerissen werden konnten. Sie warten darauf, im Leben, im Schweigen und im Reden weiter auf den Punkt gebracht zu werden – und dies im Sinne von P. Lassalle, ohne den es das Programm „LEBEN AUS DER MITTE – Zen-Kontemplation“ nicht gäbe und ohne den P. Johannes wohl nicht den Impuls gehabt hätte, nach Japan zu gehen.

P. Johannes selbst schilderte seine erste Begegnung mit P. Lassalle vor vielen Jahren in Essen stets als einen schicksalshaften Moment: „DAS ist es! Wo bekomme ich mehr davon?“

So war die Begegnung mit P. Lassalle an diesem Wochenende auch ein Innewerden der Wurzeln unseres Programms. Es ist gerade der Bindestrich zwischen Zen und Kontemplation, der danach ruft, in seiner Bedeutung tiefer erkannt und ins Leben umgesetzt zu werden.

P. Paul

 

 

Fotos: Inge Hausen-Müller